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Lesen und Lesen Lassen

"Hallo. Mein Name ist Lisa. Ich bin 26 Jahre alt und Buchhändlerin. Ich lese gerne erotische Literatur."

Immer wieder sehe ich auf Twitter oder Facebook, wie Blogger oder Leser für ihren Geschmack verurteilt werden. Jemand liest gerne Krimis und wird schief angeschaut, der Andere gerne Liebesromane und wird belächelt.

Warum ist es so ein Problem, dass jeder einen anderen Geschmack hat?

Wir alle sind unterschiedlich. Sehen anders aus, sind klein, dick, groß, dünn. Das macht jeden von uns einmalig. Warum also über den Lesegeschmack streiten?

In den noch jungen Jahren meines Buchhändlerdaseins, in denen ich mich befinde, musste auch ich mich oft genug verteidigen - oder meinen Lesegeschmack, wie man es denn nun definieren will. (Leider werden Menschen bei Kritik fast immer sehr persönlich.)

Meine Vorliebe für Erotik und New Adult Titel wurde von Kollegen belächelt und die Bücher als "Schmutzliteratur" oder "Schnulzentitel mit Peitsche" deklariert. In diesen Situation fühlte ich mich oft etwas belehrt und sehr unangenehm.

Da sich die Titel nun aber sehr gut verkaufen und die Bücher im Laden dadurch immer präsenter wurden, wurden meine Tipps gerne angenommen.

Ich weiß, dass jeder Buchhändler über ein breites Spektrum an Informationen zu Büchern verfügen sollte. Das tue ich. Nur lese ich in Titel, die ich überhaupt nicht mag (Achtung: Wie Krimis beispielsweise!), nur rein oder lese die Bücher quer, damit ich zwar ein Gefühl für die Geschichte und für die potentielle Käuferschaft bekomme, mich aber nicht damit quälen muss. Das machen sehr viele Buchhändler ebenfalls so, wie ich festgestellt habe.

Dennoch wurde ich - auch aufgrund meines jungen Alters und meiner recht kurzen Berufslaufbahn - sehr oft für mein Interesse an Jugendbüchern und junger Literatur (vor allem von branchenfernen Quereinsteigern) dafür kritisiert. "Schließlich quäle ich mich auch durch ein Sachbuch, dass ich nicht mag." (O-Ton) - Aber muss das sein?

In meinem Ausbildungsbetrieb war das ziemlich gut geregelt. Jeder hatte sein Steckenpferd und informierte die Kollegschaft über neue, für ihn wichtige, Herzensbücher. So konnte man dies den Kunden gegenüber ehrlich vermitteln, dass der Kollege dieses Buch geliebt hat, obwohl man es selbst nicht gelesen hat. Und darum geht es auch: Ehrlichkeit. Ich möchte keinem Kunden ein Buch aufschwatzen und ihn so lange dazu überreden, dass er aus dem Laden geht und mit seiner Wahl letztendlich unglücklich ist. Ich möchte, dass der Kunde wiederkommt, weil er sich in das Buch verliebt hat. Oder er wiederkommt, weil die Beratung so gut (und vor allem ehrlich und herzlich) war.

Ein ganz wunderbarer Vertreter hat mir einmal gesagt: "Mir ist es egal, was Sie lesen. Wie viel Sie lesen. Hauptsache Sie lesen - und haben Spaß daran." - Wahre Worte.

Das war zum großen Teil die Buchhändlersicht meiner zwiegespaltenen Persönlichkeit (Scherz!). Nun bin ich aber schon länger Bloggerin als ich Buchhändlerin bin.

Und ich sehe, wie oben erwähnt, immer wieder Menschen, die bis aufs Schärfste darüber diskutieren, ob ein Buch gut war - oder eben nicht. Außer Acht wird dabei gelassen, dass man selbst das persönliche Empfinden eines anderen Menschen nicht zu hundert Prozent genau so nachempfinden kann, wie man das vielleicht möchte. Selbst wenn man ähnlich empfindet. Und so gehen die Meinungen auseinander.

Können wir uns nicht auf Leben und leben lassen einigen? Oder auch auf "Lesen und Lesen lassen"?

Uns alle verbindet etwas: die Liebe zu Büchern und den Geschichten.

Welche Meinung habt ihr zu diesem Thema? Liege ich mit meinen Ansichten gänzlich falsch?

Übrigens ist dieser Artikel eine gute Gelegenheit

auf Stefanie Leos Blogparade #Bloggerliebe hinzuweisen.